Wie Ihr hier lesen könnt, hatte ich beim Stillstart mit meiner Tochter Linnea selbst ganz massive Stillprobleme. Das machte es mir nicht unbedingt leichter, für „Crashkurs Baby“ sachlich und neutral darüber zu schreiben. Aber nun habe ich das Gefühl, es ganz gut hingekriegt zu haben.
So geht das Kapitel los:
Stillprobleme und Stillberatung
Befragt man Mütter, bei denen es mit dem Stillen nicht geklappt hat, woran das lag, nennen sie vor allem zwei Gründe:
→Weil sie das Gefühl hatten, ihr Baby würde an der Brust nicht satt.
→ Weil sie beim Stillen so starke Schmerzen hatten.
Oft kommen auch beide Gründe zusammen.
Die meisten Frauen stillen also aufgrund von Stillproblemen ab, die sich mit kompetenter Beratung und Begleitung in den meisten Fällen so lösen lassen, dass einer glücklichen Stillzeit nichts mehr im Weg steht. Damit es so weit nicht kommt, ist es wichtig, dass Eltern wissen
→ was sie schon vor der Geburt dafür tun können, dass Stillprobleme gar nicht erst entstehen
→ wer ihnen bei Stillproblemen weiterhelfen kann
→ wie man auch schwere Still-Krisen überwinden kann
Die allermeisten Frauen stillen aufgrund von Stillproblemen ab, die sich mit einfühlsamer und kompetenter Beratung und Begleitung auflösen ließen.
Checkliste: Das können Eltern tun, um Stillproblemen vorzubeugen:
– Die Brust nicht zu Still-Vorbereitung irgendwie abhärten, sondern in Ruhe lassen
– Sich beim ersten Anlegen nicht helfen, sondern das Baby machen lassen
– Eine Nachsorgehebamme wählen, die sich zum aktuellen Stand der Stillförderung fortgebildet hat
– Schon vor der Geburt eine Stillgruppe besuchen
– Sich über die wichtigsten Fakten zum Stillen informieren (S.S.XX)
– Einen besonders stillfreundlichen Geburtsort wählen, bei Kliniken z.B. ein „Babyfreundliches Krankenhaus“
– Nach der Geburt schnell nach Hause kommen, wenn es medizinisch vertretbar ist: Stillprobleme entstehen in den eigenen vier Wänden nachweislich seltener als in der Klinik
So weit, so sachlich. Dann kommt ein Kasten zum Thema Saugverwirrung, ein kurzer Text zum Thema „Babyfreundliche Krankenhäuser“ und eine Auflistung der häufigsten Stillprobleme von wunden Brustwarzen über zu viel und zu wenig Milch bis zur Brustenzündung – und was dagegen hilft. Dann informiere ich darüber, wie man sich bei Embryotox über stillfreundliche Medikamente schlau machen kann und wie man ein Baby mit einem Brusternährungsset vom Fläschchen wieder an die Brust bekommt.
Und dann kommt ein Absatz, der mir persönlich besonders wichtig ist – und zu dem ich sehr gerne Eure Meinung hören würde. Er heißt:
Wenn Stillen nur noch schrecklich ist
Die meisten Stillprobleme lassen sich mit guter Beratung und Begleitung zum Glück innerhalb weniger Tage lösen. Doch es wäre nicht fair, zu verschweigen, dass es auch anders laufen kann. Bis schlimm wunde Brustwarzen komplett abgeheilt sind, können Wochen vergehen. Mütter, die zu Krämpfen in der Brustwarze neigen, können manchmal monatelang nur mit zusammengebissenen Zähnen stillen, und bei jedem Ansaugen schießen ihnen die Tränen in die Augen.
Es gibt Mütter, die beim Stillen so starke Schmerzen haben, dass die Wehen dagegen ein Klacks sind.
Wenn das Stillen so schwer ist, stellt sich irgendwann die Frage: Ist es das wert?
Diese Frage kann nur eine Person beantworten: Die stillende Mutter selbst.
Die größte Hilfe für sie ist in dieser schwierigen Situation ein Umfeld, das sie zu keiner Entscheidung für oder gegen das Stillen drängt, sondern sie ihre eigene Entscheidung treffen lässt.
→ Untersuchungen zeigen: Frauen, die sich aus freien Stücken dazu entscheiden, nicht weiter zu stillen, kommen damit deutlich besser klar als Mütter, die abstillen weil der Vater es nicht mehr mit ansehen kann oder der Frauenarzt sagt, die Quälerei habe doch ohnehin keinen Sinn
→ Welche Entscheidung für das Baby besser ist, lässt sich schwer sagen. Auch Stillen mit zusammengebissenen Zähnen versorgt es mit wertvollen Immunabwehrstoffen und schützt es vor dem Plötzlichen Kindstod (vgl. S. XX). Andererseits ist es für die Mutter-Kind-Bindung wichtig, dass das Baby spürt, dass seine Mutter gern mit ihm zusammen ist – und dass Stillprobleme nicht alle gemeinsamen Glücksmomente überschatten.
→ Will eine Mutter trotz arger Stillprobleme unbedingt stillen, hilft ihr dabei vor allem die beständige emotionale Unterstützung durch ihren Partner sowie ihre Hebamme. Sind die Stillprobleme dann endlich überstanden, stillen diese Mütter oft länger und lieber als andere Frauen.
Ich freue mich auf Eure Kommentare!
6 Comments on "Schweres Thema Stillprobleme"
Simone
21/07/2011Das ist ja fast MEIN bzw. UNSER Thema...wie viele Tränen habe ich vergossen und wie lange ging der Kampf. ABER: es hat sich gelohnt und ich hoffe, dass ich noch ganz lange stillen kann. Ein bissl tut mir der Beikoststart, der nun 4 WOchen zurück liegt weh, weil wir Stück für Stück vom Stillen weg kommen bzw. es reduzieren. Mittlerweile ist es so ein schönes Gefühl, wenn Henri sich an meinem Pulli fest krallt und sich an die Brust ran zieht, das wohlige Geräusch vom Schlucken und kleinem "ia" bei Trinken klingt wie Musik in meinen Ohren, die Händchen, die mit dem Spucktuch dabei spielen und ab und zu nach mir greifen - einfach nur schön :o)
Wenn ich zurück blicke, würde ich das meiste wieder so machen. Mein Fehler, ich hatte vorher irgendwie schon Angst, dass das Stillen nicht klappen könnte, einfach weil ich es UNBEDINGT wollte. Vielleicht habe ich im Kreißsaal Henri zu sehr bedrängt, anstatt ihn machen zu lassen. Und ich würde viel schneller nach einer Stillberaterin rufen (am besten bereits am ersten Tag)...denn meine Hebamme, die mich in dem schweren Kampf so toll emotional und mit Fachwissen unterstützt hat, hat erst als wir zu Hause waren und sie zu Besuch kam, gemerkt, dass Henri nur schnullert und nicht richtig trinkt. Im KH haben mich die vielen Schwestern und Hebammen nur kirre gemacht, jeder hat es anders gezeigt, der eine stand geduldig dabei, der nächste hat an mir gezerrt, wiederum der nächste hat Druck unbedwußt aufegebaut mit Sprüchen "na, kleiner Mann, dann zeig mal was du kannst" und dann immer wieder die Angebote, ihm Milchnahrung zu geben - was ich aber erfolgreich immer wieder abgelehnt habe.
Nora Imlau
22/07/2011Hallo Simone,
die Verwirrung durch viele Ratschläge in der Klinik ist ein wichtiges Thema - bei dem ich aber große Schwierigkeiten habe, es für den "Crashkurs" zu fassen. Ich meine: Ich will ja auf keinen Fall pauschal dem Klinikpersonal unterstellen, Frauen eh nur zu verwirren - manche Frauen kriegen da auch ganz tolle und einheitliche Unterstützung. Mal sehen, wie ich das formuliere ...
Ansonsten: Ist doch toll, wie Henri und Du es gemeinsam durch diese schwere Zeit geschafft haben - und Du musst wirklich keine Sorge haben, dass der Beikoststart "der Anfang vom Ende ist", wenn Du das nicht willst. :)
Liebe Grüße
Nora
Judith
21/07/2011Schönes Kapitel!
"Sich beim ersten Anlegen nicht helfen, sondern das Baby machen lassen"
Das habe ich nicht so gut verstanden: Warum soll man sich denn nicht helfen lassen? Ich fand das super-erleichternd als mir die Hebamme geholfen hat. Ich war völlig fertig von der Geburt, konnte mich wirklich kaum bewegen und hatte Angst mein zerbrechliches Neugeborenes zu verletzen. Die Hebamme hat mir geholfen und dadurch habe ich ein gutes Gefühl dafür bekommen wie mein Baby richtig liegt und gut andocken kann. Oder verstehe ich deinen Tipp falsch?
Zwei weitere Themen die ich wichtig finde:
Unterstützung durch den Partner: Nichts, kein Vortrag über Stillen, kein Buch und keine Hebamme hat mir so sehr geholfen wie mein Partner, der in den schwierigen Momenten Anteil genommen hat, nachts mit aufgestanden ist und beim Anlegen geholfen hat, kontrolliert hat ob das Kind richtig anliegt (das konnte er immer besser sehen als ich), mich mit endlosen Gläsern Wasser und Obst versorgt hat ("Du stillst, da muss man viel trinken. Hat die Hebamme gesagt") und auch viel andere Aufgaben übernommen hat wenn ich den ganzen Abend stillend auf dem Sofa saß.
Stillratgeber und Stilltipps richten sich fast immer ausschließlich an die Frau - klar, die stillt schließlich. Aber weil mir die Unterstützung durch meinen Freund so geholfen hat fände ich einen Kasten "Unterstützung durch den Partner" schön.
Außerdem gut fände ich eine was zum Thema Pumpen, Milchaufbewahrung, etc.
Nora Imlau
22/07/2011Hallo Judith,
das mit dem "nicht beim Anlegen helfen lassen" muss ich noch mal anders formulieren. Also, es geht darum, nicht dem Baby die Brustwarze in den Mund schieben zu lassen (etwa durch die Hebamme), sondern dass das Baby selbst ansaugt - natürlich kann es aber gut sein, sich helfen zu lassen, das Baby überhaupt mal in "Trinkposition" zu kriegen. Das muss ich noch mal anders formulieren, dass klar wird: Helfen lassen ist voll in Ordnung - aber ansaugen kann das Kleine am besten selbst.
Das Thema "Unterstützung durch den Partner" ist sehr wichtig, das habe ich auch selbst so erlebt. Ein wenig klingt das auch im letzten Punkt des letzten Absatzes an, aber Du hast recht, das könnte man vielleicht noch mal in einen Extra-Kasten fassen, wie Väter beim Stillen unterstützen können. Danke für den Tipp!
Zum Thema "Abpumpen und Aufbewahren" gibt es noch ein ganz eigenes Unterkapitel.
Liebe Grüße
Nora
Kate
21/07/2011Ich muss ins Bett, deswegen nur kurz:
Das mit den Wehen finde ich ganz schön beängstigend, würde mich als Erst-Schwangere ganz schön beklemmen.
Den Satz mit den Tränen beim Andocken finde ich passender und er drückt auch Schmerz aus.
Von deinem wichtigen Teil finde ich den letzten Satz besonders schön und wichtig.
Nora Imlau
22/07/2011Hallo Kate,
ich überlege noch, ob ich den Wehen-Satz einfach wieder rausnehme. Ich bin da einfach so zwiegespalten. Auf der einen Seite sehe ich die Gefahr, Schwangere und Neu-Mütter dadurch zu verunsichern.
Auf der anderen Seite hatte ich bei meinen massiven Stillproblemen immer das Gefühl, mich in keinem Baby-Buch im Kapitel über Stillprobleme auch nur annähernd wieder zu finden. "Ein kurzer Schmerz beim Ansaugen", ein "unangenehmes Gefühl in der Brust", ein "leichtes Brennen und Spannen" - so wurden Schmerzen beim Stillen da beschrieben. Und ich dachte: Also, damit können diese Höllenschmerzen aber nicht gemeint sein ...
Doch wahrscheinlich hast Du recht: Die Aussage mit den Tränen in den Augen reicht. Ich ändere das, denke ich.
Liebe Grüße und danke
Nora