(c) Damon Hart-Davis

Kein Baby-Ratgeber kommt ohne ein ausführliches Kapitel zum Thema Milch aus. Meist ist es fein säuberlich in zwei Teile geteilt: Im einen geht’s ums Stillen, im anderen ums Fläschchen-Geben. Und dass sich keine Mutter auf den Schlips getreten fühlt, veranstalten die meisten Autoren einen ziemlichen Eiertanz:
Irgendwie ist Muttermilch natürlich das Allerbeste fürs Baby und quasi unersetzlich, andererseits soll sich bloß keine Frau schlecht fühlen, die nicht stillt – mit der Flasche werden Babys schließlich genauso groß. Wer versucht, das logisch nachzuvollziehen, kriegt einen Knoten im Kopf: Wie kann etwas gleichzeitig besser und dennoch irgendwie gleich gut sein?

Wie kriegt man das hin: Übers Stillen schreiben, ohne dass nicht stillende Mütter sich als Versagerinnen fühlen?

 

Doch jetzt, wo ich selbst mein Milch-Kapitel schreibe, merke ich: Es ist total schwer, aus diesem Muster auszubrechen. Weil ich bei den Fakten bleiben will und trotzdem niemanden verletzen – erst recht nicht Mütter, die gerne gestillt hätten und aus welchen widrigen Umständen auch immer heute Fläschchen geben.

Ich habe deshalb mal was ausprobiert. Und mein Kapitel nicht mit der klassischen Einteilung nach Still-/und Flaschenbabys begonnen, sondern erstmal darüber geschrieben, was sie gemeinsam haben: Dass sie Milch zum Wachsen brauchen. Dass Zeit zum Trinken für sie immer auch Zeit zum Nähetanken ist. Und dass es jedem Baby gut geht, wenn es seine Milch nicht nach einem starren Zeitplan, sondern immer dann bekommt, wenn es Hunger hat. Dabei habe ich konsequent die Unterscheidung in Muttermilch oder Kunstmilch vermieden und einfach nur über Milch geschrieben.

 

Es geht nicht um Muttermilch. Es geht nicht um Pre-Milch. Es geht einfach um: Milch. Und um Nähe. Denn das ist das Wichtigste.

Lest es Euch meinen Kapiteleinstieg mal durch: Habt Ihr das Gefühl, dadurch werden tatsächlich erstmal alle Eltern angesprochen – egal, welche Milch ihr Baby bekommt? Oder wirkt es auf Euch künstlich, die Begriffe „stillen“ so wie „Fläschchen geben“ erstmal komplett zu vermeiden, um alle ins Boot zu holen?

2. Kapitel: Erstmal gibt’s Milch

Im Mutterleib kennen Babys keinen Hunger. Über die Nabelschnur bekommen sie kontinuierlich alles, was sie zum Wachsen brauchen. Da muss es ganz schön unheimlich sein, nach der Geburt zum ersten dieses Grummeln im Bauch zu spüren und nicht zu wissen: Was ist das? Gut, wenn dann gleich die erste Milchmahlzeit kommt, die warm und lecker Hunger und Durst auf einmal stillt – und das Bedürfnis nach Nähe gleich mit. Denn Milch-Zeit ist immer auch Kuschel-Zeit.

Wie oft braucht ein Baby Milch?
Früher riet man jungen Müttern, ihre Babys alle vier Stunden Milch trinken zu lassen. So würden sie am besten gedeihen. Heute ist bewiesen: Wie viel Milch ein Baby braucht, spürt es am besten selbst. Und gibt dann Zeichen: Schmatzt leise,  saugt alles an was ihm vor den Mund kommt,  wendet suchend den Kopf hin und her. Dann fängt es an zu schreien.
Studien belegen: Bekommen Babys ihre Milch „nach Bedarf“, also immer wenn sie danach verlangen, gedeihen sie besser und schreien weniger als Babys, die nach Zeitplan gefüttert werden.

Milch nach Bedarf – So geht’s konkret:

  • Muttermilch sowie Pre-Nahrung können problemlos nach Bedarf gegeben werden. Der Grund: Sie sind so zusammengesetzt, dass ein Baby damit nicht überfüttert werden kann – egal, wie viel es trinkt. Alle anderen Pulvermilchen (1er-, 2er und 3er-Milch) sind mit zusätzlichen Kohlenhydraten und Zuckern versetzt, dadurch  kalorienreicher und deshalb fürs Füttern nach Bedarf ungeeignet.
  • Einem Baby nach Bedarf Milch zu geben heißt nicht, dass es jedes Mal Milch bekommen muss, wenn es schreit. Babyweinen kann viele Gründe haben (s.S.XX), und wenn die letzte Milchmahlzeit noch nicht lang zurückliegt kann es gut sein dass etwa Herumtragen besser hilft.
  • – Es ist völlig normal, dass es im Alltag zu Situationen kommt, in denen ein Baby nicht sofort seine Milch bekommen kann. Eltern müssen sich deshalb keine Sorgen machen: Weiß ein Baby, dass sein Hunger normalerweise prompt gestillt wird, kann es auch mal eine kurze Wartezeit wegstecken.


Ich bin gespannt auf Eure Rückmeldungen!